Was bedeutet Verzeichnungskalibrierung?
Immer, wenn wir ein optisches System verwenden, d. h. ein Objektiv und eine passende Kamera, müssen wir uns mit der sog. Verzeichnung auseinandersetzen. Die optische Verzeichnung des Systems kann als ein Hintergrundrauschen bezeichnet werden, das dazu führt, dass eine Reihe von Punkten nicht an der tatsächlichen Stelle, sondern an anderen Stellen abgebildet wird.
Ein typisches Beispiel ist eine gerade Linie, die aufgrund der Verzeichnung des Objektivs als Kurve abgebildet wird. Abb. 1 zeigt den Verzeichnungseffekt an einem Kalibrierpattern.
Die mathematische Transformation, die das ursprüngliche unverzeichnete Sichtfeld mit dem verzeichneten Bild verbindet, kann sehr schwer zu modellieren sein, v. a. wenn man bedenkt, dass sie sich durch das Sichtfeld selbst erheblich ändern kann.
Die Verzeichnung wirkt sich auf die Messtechnik zunächst in Form eines Verlustes der Wiederholbarkeit der Messungen aus: Da ein Objektmerkmal je nachdem, wo sich das Objekt aufgrund der Verzeichnung im Sichtfeld befindet, etwas anders „aussieht“, wird sich der Wert einer Messung an diesem Merkmal wahrscheinlich jedes Mal ändern, wenn das Objekt entfernt und wieder zurückgestellt wird.
Fig. 2 Gaussian distribution of repeated measures. Blue, red and orange distributions
represent the same result ( μ = 0 ) with different repeatability (best for blue). The green
bell curve represents a wrong (but repeatable) result, e.g. biased by a fixed offset.
Wenn wir den Durchmesser eines durchgehenden Lochs 100 Mal messen, kann die Verteilung der Ergebnisse durch eine Gauß-Kurve ungefähr bestimmt werden: Dem Durchschnitt nahe liegende Ergebnisse sind sehr häufig, während Ergebnisse mit großen Abweichungen davon unwahrscheinlich sind.
Die Wiederholbarkeit der Messung steht mit der Breite der Glocke in Zusammenhang: Je schmaler die Glocke ist, desto schwieriger wird es sein, einen Messwert zu finden, der weit vom Durchschnitt entfernt liegt. In anderen Wort ist eine Funktion (z. B. eine Länge) „fast immer fast gleich“.
Andererseits bedeutet eine breite Glocke, dass wir nicht sagen können, ob ein Maß tatsächlich vom erwarteten Wert abweicht (z.B. weil es ein defektes Teil ist) oder ob es sich um einen statistisch erwarteten Ausreißer handelt, der durch die geringe Wiederholbarkeit unseres Messsystems bedingt ist.
Die in der Regel verwendete Breite wird Sigma (oder „Halbwertsbreite“ (FWHM)) genannt und steht in direktem Zusammenhang mit der Wiederholbarkeit.
Deshalb kann eine direkte Methode zum Abgleich der Genauigkeitsanforderungen festgelegt werden: Wenn die Toleranz einer Messung als Vielfaches ihres spezifischen Sigma-Wertes angegeben wird, bestimmen wir daraus folgend die Wahrscheinlichkeit, mit der ein Teil außerhalb des Toleranzbereichs liegt. Ein Gegenstand mit einer Übereinstimmung von zwei Sigma befindet sich demnach in 95 % der Male innerhalb des Toleranzbereichs. Ein Gegenstand mit drei Sigma verfügt über eine statistische Sicherheit von 99,7 %, die bei 5 Sigma auf 99.99999 % ansteigt.
Angenommen, Ihre Verteilung hat einen Durchschnittswert von 150 mm und Sigma beträgt 1 mm. Der zugehörige Fehler hängt vom Vertrauenswert für Ihre Anwendung ab. In der Tat können wir in den Angaben feststellen, dass seine Länge 150 mm +/- 3 mm beträgt, was in 99,7% der Fälle dann auch der Fall sein wird. Wenn wir andererseits wollen, dass 1 mm einer 3-Sigma-Toleranz entspricht, müssen wir unseren Messprozess auf 1 Sigma = 0,33 mm verbessern.